Hybride – Chancen und Herausforderungen von neuen genomischen Kombinationen
PI: Susanne Dobler;n co-PIs Bernhard Hausdorf, Jutta Schneider
Genetische Geschlechtsdetermination führt fast zwangsläufig zu Konflikten zwischen cytoplasmatischen und nukleären Genen (Werren & Beukeboom 1998). In Insekten wurden zusätzlich parasitische cytoplasmatische Elemente, z.B. Wolbachia Bakterien, als häufige Ursache für zu den Weibchen verschobene Geschlechterverhältnisse identifiziert, die zudem in infizierten Populationen zu selektiven Sweeps führen können (Werren et al. 2008).
Dies trifft auf die Situation in Flohkäfern der Gattung Altica zu: hier kam es durch Hybridisierung wiederholt zur Introgression artfremder und mit endoparasitischen Wolbachien gekoppelter mitochondrieller DNA. Bei der häufigen Art A. lythri existieren drei stark divergente mtDNA-Typen (bis zu 4,6% Sequenzdivergenz), die mit jeweils anderen Wolbachien-Stämmen assoziiert sind. Zwei dieser mtDNA-Typen müssen durch Hybridisation in A. lythri gekommen sein (Jäckel et al. 2013). Großflächige Populationsscreens und Zuchtexperimente zeigen, dass einer der mtDNA-Typen (HT1) nur in Weibchen vorkommt, dass aber diese Weibchen mit Männchen der anderen Typen kopulieren müssen, um fertile Nachkommen zu produzieren, die dann immer weiblich sind (Jäckel & Dobler, unpubl.).
Parasitische Bakterien alleine erklären diese reproduktiven Anomalien nicht. Hier soll getestet werden, ob genomische Konflikte zwischen intro-gressierten mtDNA-Genen und nukleären Genen zum Fehlen der hetero-gametischen Männchen führen. Vaterschaftsanalysen weisen zudem bei den HT1-Weibchen auf Gynogenese hin, den Ausschluss des väterlichen Genoms. Wie die Meiose funktioniert, soll hier ebenfalls geklärt werden.
Mithilfe von RAD-Sequenzierung werden Nachkommen gezielter Verpaarungen der drei mtDNA-Typen daraufhin untersucht, ob bestimmte RAD-Allele nur in Männchen vorkommen. Diese Strategie kann genomische Bereiche identifizieren, in denen spezifische Allele inkompatibel mit HT1 mtDNA sind und zum Absterben der männlichen Nachkommen führen. Genomweite RAD-Kartierung kann außerdem genutzt werden, um abzusichern, ob sich die HT1-Weibchen gynogenetisch fortpflanzen (keine väterlichen Allele in den Nachkommen) und im Weiteren die Art der Fortpflanzung bei den HT1-Weibchen aufzuklären. Prinzipiell könnte die Meiose übersprungen werden oder verschiedene Formen von Automixis vorliegen. Diese lassen sich über RAD-Allel-Koppelungskarten (Linkage Maps) und eine Analyse der Heterozygotiemuster im Bereich der Zentromere unterscheiden (Svendsen et al. 2015).
Jäckel R, Mora D, Dobler S. 2013. Evidence for selective sweeps by Wolbachia infections: Phylogeny of Altica leaf beetles and their reproductive parasites. Mol. Ecol. 22: 4241-4255
Werren JH, Beukeboom LW. 1998. Sex determination, sex ratios, and genetic conflict. Annu. Rev. Ecol. Syst. 29:233–61
Werren JH, Baldo L, Clark ME. 2008. Wolbachia: master manipulators of invertebrate biology. Nature Rev. Microbiol. 6: 741-751.
Svendsen, N, Reisser, CMO, Dukic, M, Thuillier, V, Segard, A, Liautard-Haag, C, Fasel, D, Hurlimann, E, Lenormand, T, Galimov, Y, Haag, CR. 2015. Uncovering cryptic asexuality in Daphnia magna by RAD sequencing. Genetics 201, 1143-1155.
- Dauer: 2017 - 2020
- Projektleitung: Prof. Dr. Susanne Dobler
- Drittmittelgeber: Landesforschungsförderung Hamburg