Reproduktions-manipulierende Bakterien wurden vor einiger Zeit als Verursacher verschobener Geschlechterverhältnisse bei Arthropoden erkannt. Daneben wird diskutiert, dass sie eine kausale Ursache bei Artaufspaltungen spielen können, indem sie die erfolgreiche Reproduktion unterschiedlich infizierter Paarungspartner verhindern.
Bei der Flohkäfergattung Altica findet sich in vielen Arten ein stark zu den Weibchen hin verschobenes Geschlechterverhältnis, gleichzeitig sind die Käfer zumeist mit einem von drei verschiedenen Wolbachia-Stämmen infiziert. In der häufigsten Art in Mitteleuropa, Altica lythri, kommen nach unseren molekular-systematischen Analysen drei verschiedene mitochondriale Haplotypen vor, die weiter voneinander getrennt sind als viele Arten innerhalb der Gattung. Käfer, die einen bestimmten Haplotyp tragen, sind (wenn überhaupt) immer nur mit einem bestimmten von drei Wolbachia Stämmen infiziert. Unsere genetischen Analysen zeigen, dass diese Situation am wahrscheinlichsten durch Hybridisierung zwischen den Arten und Introgression von zwei der Infektionstypen gekoppelt mit den mitochodriellen Haplotypen in A. lythri zustande kam. Dies ist gleichzeitig auch die Ursache für das verschobene Geschlechterverhältnis: während zwei Haplotypen/ Infektionstypen in etwa ausgeglichene Geschlechterverhältnisse haben, gibt es bei dem dritten Haplotyp / Infektionstyp immer nur Weibchen. Diese müssen mit einem der anderen Haplotypen kopulieren, um fertile Nachkommen zu erzeugen - d.h. dieser Haplotyp kann niemals alleine existieren.
Aktuell erforschen wir durch genomische Assoziationsstudien, wodurch die Reproduktionsanomalie dieser Tiere bedingt wird. Das Vorkommen der Wolbachien alleine kann nicht ursächlich sein, da auch nicht infizierte Tiere des 'weiblichen' Haplotyps ausschließlich Töchter erzeugen. Möglicherweise ist hier ein Konflikt zwischen mitochondriellem und nukleären Genom gegeben, das entsprechend 'Haldane's Rule' zum Absterben des heterogametischen Geschlechts führt.