Würgefeige
...ist die insgesamt ca. 17 m hohe Luftwurzelröhre der Würgefeige. Sie ist das größte und älteste dauerhaft ausgestellte Objekt im Loki Schmidt Haus und stammt ursprünglich aus dem Regenwald von Kamerun. Im Jahre 1889 wird sie dem Botanischen Museum von der Überseehandelsfirma und Reederei C. Woermann geschenkt. Die Firma C. Woermann besitzt am Ende des 19. Jahrhunderts eine eigene Schifffahrtslinie zu den damaligen deutschen Kolonien in Afrika. Eine Reise von Kamerun nach Hamburg mit der Woermann-Linie dauerte zu dieser Zeit 23 Tage.
Die Würgefeige ist gemeinsam mit dem Museum seitdem fünf Mal umgezogen. Sie besteht aus acht je ca. 300 kg schweren Teilstücken. Jeder Standortwechsel ist daher logistisch immer eine Herausforderung. 13 Jahre steht die Würgefeige im ersten Museumsgebäude am Lübecker Tor. 1907 zieht sie in einen Neubau am Dammtor. Nach dem Verkauf dieses Gebäudes im Jahre 2000 wird die Würgefeige wieder in ihre acht Teile zerlegt in einem Containerbau zwischengelagert. Nur ein einziges Teil kann von 2001 bis 2006 im Zoologischen Museum ausgestellt werden.
Dank der Unterstützung des Urenkels des einstigen Spenders, Herrn Detlev Woermann, wird 2007 die Wiederaufstellung der kompletten Würgefeige im Loki Schmidt Haus möglich. Dieses Haus ist nach dem klassizistischen Bau am Dammtor das zweite Gebäude, dessen Architektur durch die Präsentation der Würgefeige als zentrales Element des Museums maßgeblich beeinflusst wurde.
Im Griff der Würgefeige
Konkurrenz unter Bäumen
Würgefeigen gehören zu einer der artenreichsten Gattungen im Pflanzenreich überhaupt. Mit über 1000 Arten gehört die Gattung Ficus zur großen Familie der Maulbeergewächse (Moraceae).
Ficus-Arten kommen in großer Formen- und Artenfülle in den tropischen Regenwäldern vor. Bekannte Vertreter als Zimmerpflanzen sind die Birkenfeige (Ficus benjamina L.) und der Gummibaum (Ficus elastica Rorb.). Durch die Enge und Fülle im Regenwald haben die Würgefeigen eine neue Strategie zum Überleben entwickelt. Sie unterscheiden sich von den anderen Feigen dadurch, dass sie ihr Leben sowohl am Boden als auch auf anderen Bäumen beginnen können. Durch diese Doppelstrategie haben sie einen Vorteil. Sie können sich schnell einen Platz am Licht erobern, der im Regenwald hart umkämpft ist.
Abwärts aus luftiger Höhe
Vögel, Fledermäuse oder Affen fressen gerne die saftigen Früchte der Feigen. Die Samen spucken sie aus oder hinterlassen sie mit dem Kot im Geäst von Regenwaldbäumen. In humusreichen Astgabeln keimen die Samen aus und wachsen zunächst als Aufsitzerpflanzen heran. Schnell bilden sie lange Luftwurzeln aus, die am Stamm des Wirtsbaumes entlang nach unten wachsen. Haben diese erst einmal den Erdboden erreicht, wächst die Feige wesentlich schneller weiter, da ihr mehr Nährstoffe und Wasser direkt zugänglich sind.
Nach und nach überwuchert sie ihren Wirtsbaum und schnürt ihn mit immer mehr miteinander verwachsenden Luftwurzeln wie in ein Korsett ein. Sie hindert ihn dadurch am weiteren Dickenwachstum. Gleichzeitig ist dessen Nährstoffversorgung und Wassertransport reduziert.
Die Baumkrone der Feige überwächst den Wirtsbaum, der der Nahrungs- und Lichtkonkurrenz bald unterlegen ist. Er stirbt ab und verrottet. Zurück bleibt das verholzte, innen hohle Luftwurzelgeflecht der Feige. Die bei der Zersetzung des abgestorbenen Wirtbaumes freiwerdenden Nährstoffe dienen der Feige als zusätzliche Nahrung.