Fünf Fragen an Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit
12. Mai 2025, von Medienservice Biologie und Maria Latos
Vor fünf Jahren stufte die Weltgesundheitsorganisation WHO Corona als Pandemie ein. Werden in Zukunft weitere Pandemien auftreten? Oder können diese verhindert werden? Jonas Schmidt-Chanasit, Professor am Fachbereich Biologie und Abteilungsleiter Arbovirologie am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin gibt seine Einschätzung.
Im März 2020 stufte die Weltgesundheitsorganisation den Ausbruch des Corona-Erregers als Pandemie ein. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits in 114 Ländern Erkrankungen von Covid-19 erfasst worden und rund 118.000 Infektionen mit dem Erreger gemeldet. „Die Entwicklung von SARS-CoV-2 ist letztendlich so verlaufen, wie man in einer Pandemie erwarten würde: Es tritt ein pandemischer Erreger auf, der auf eine Population trifft und mit dem Verlauf kommt es zu sehr vielen Infektionen“, sagt Schmidt-Chanasit. Überrascht habe ihn an der Pandemie und ihrem Verlauf nichts, sagt er. Insbesondere das Auftreten unterschiedlicher Varianten sei eine zu erwartende Entwicklung dieser Viren gewesen.
In den folgenden Monaten nach Ausbruch der Pandemie folgten in Deutschland strenge Maßnahmen, um das Virus zu bekämpfen – es wurden Lockdowns verhängt, Isolierungen vorgenommen und an Impfstoffen sowie weiteren Therapeutika geforscht. Im Dezember 2020, etwa zehn Monate nach Beginn der Pandemie, erteilte die Europäische Kommission die bedingte Zulassung des COVID-19-Impfstoffs von BioNTech/Pfizer für die EU. „Das ist eine Sache, die ich als positiv hervorheben würde“, sagt Schmidt-Chanasit. „Vor allem im Bereich Grundlagenforschung sind während der Pandemie große Leistungen erbracht worden, die letztendlich den Weg geebnet haben, um diagnostische Tests und Impfstoffe zu entwickeln und natürlich an Therapeutika zu arbeiten.“
Gleichzeitig ist sich Jonas Schmidt-Chanasit sicher, dass in Zukunft weitere Pandemien auftreten werden, befördert durch invasive neue Arten, welche sich über die Welt ausbreiten. „Es gibt eine Reihe von Stechmückenarten, die exotische Viren übertragen können und welche sich immer weiter in Europa - auch in Deutschland - ausbreiten. Die Tigermücke steht dabei an erster Stelle, eine aggressive Art, deren Ausbreitung auch bekämpft wird. Allerdings können wir diese Ausbreitung nicht aufhalten, sondern nur verlangsamen“, so Schmidt-Chanasit. „Irgendwann wird die Tigermücke überall in den urbanen Räumen in Deutschland vorkommen, das ist nur eine Frage der Zeit. Und dann besteht die Gefahr, dass wir mit Virenausbrüchenzu tun haben, zum Beispiel dem Dengue- oder Zika-Virus.“
Wird denn heute, fünf Jahre nach COVID-19, genug getan, um solchen Pandemien besser begegnen zu können? „Wenn Sie einen Virologen fragen, wird dieser wahrscheinlich immer sagen, es müsste noch viel mehr gemacht werden. Aber unter dem Aspekt der begrenzten Ressourcen, sage ich immer, dass man auch viele andere Aspekte sehen muss“, so Schmidt-Chanasit. „Wenn wir die Herausforderungen durch die nicht-übertragbaren Erkrankungen, also Krebs- oder Herzkreislauferkrankungen oder Stoffwechselerkrankungen betrachten, dann sind dies noch einmal ganz andere Herausforderungen, das muss man schon im Verhältnis sehen.“