Was sind Ästuare?
26. Oktober 2020, von GRK 2530

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In den kommenden Jahren wird das Graduiertenkolleg 2530 die Bedeutung und Rolle von Lebewesen wie Tieren, Pflanzen und Pilzen auf den Kohlenstoffkreislauf in Ästuaren untersuchen. Doch was sind Ästuare eigentlich? Und was zeichnet diese Gebiete aus?
Die Definition ist kurz und simpel: Es handelt sich um Mündungsbereiche großer Flüsse ins Meer. Ästuare markieren den Übergang vom Süßwasser des Flusses ins Salzwasser des Meeres. Doch das allein reicht nicht aus, um diesen besonderen Übergangsgewässern Rechnung zu tragen. „Als Übergangsmilieus zwischen Land und Meer gehören Ästuare zu den vielfältigsten Gebieten auf der Erde“, sagt Prof. Dr. Kai Jensen, Sprecher des Graduiertenkollegs 2530. „Sie sind nicht nur Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen, sondern sind auch externen Kräften wie den Meeresströmungen oder den Gezeiten ausgesetzt und weisen starke räumliche Gradienten auf, wie sich verändernde Salzgehalte oder den verfügbaren Sauerstoff.“ So schwankt der Salzgehalt von Ästuaren stark und liegt zwischen 0 und mehr als 3 Prozent.
Lebensraum Ästuar
Unter dem Einfluss von Ebbe und Flut sowie wechselnden Salzgehalten wachsen an flachen Uferbereichen Salzmarschen und Röhrichte. Diese bieten Unterschlupf und Nahrung für Schafe, Nagetiere und Vögel wie den Gänsesäger (Mergus merganser). Fische wie der Europäische Stint (Osmerus eperlanus) wandern zum Laichen in die Ästuare, um ihre Eier abzulegen. Natürlich leben auch kleinste Lebewesen wie das Phytoplankton im Ästuar, das als Nahrungsgrundlage für viele Organismen dient. Prominente Vertreter dieser Gruppe sind manche Grünalgen (Pediastrum).
All diese Ästuarbewohner interagieren miteinander, prägen das Ästuar und werden wiederum selbst durch den Lebensraum geprägt. Gleichzeitig stellen Ästuare eine wichtige Komponente des globalen Kohlenstoffkreislaufs dar. Ziel des Graduiertenkollegs 2530 ist es, die Auswirkungen der Lebewesen auf den Kohlenstofffluss im Ästuar systematisch zu untersuchen. „Jüngere Forschungsarbeiten haben bereits gezeigt, dass die Interaktionen zwischen Pflanzen, Phytoplankton, Mikroben und Tieren von Bedeutung für die Kohlenstoffflüsse in Ästuaren sein können“, so Jensen. „Allerdings sind die Schlüsselprozesse, die den Kohlenstoffzyklus im Ästuar steuern, immer noch wenig untersucht und verstanden. Diese Lücken wollen wir schließen.“
Modellsystem Elbeästuar
In Deutschland gibt es drei große Ästuare: Weser, Ems und Elbe. Das Elbeästuar umfasst den Unterlauf der Elbe ab Geesthacht bis zur Mündung in die Nordsee bei Cuxhaven. „Die Elbe ist eines der größten und sozioökonomisch wichtigsten europäischen Ästuare. Menschliche Einflüsse wie Deichbau, Wasserstraßenbau sowie Schiffsverkehr haben es - ähnlich wie viele andere Ästuare in Europa und Nordamerika - stark verändert und geprägt. Wir werden das Elbästuar erforschen und als Modellsystem für andere Ästuare verwenden – nämlich für all jene, in denen Veränderungen durch ähnliche menschliche Einwirkungen auftreten“, sagt Jensen.
Weiterführende Informationen
Im Jahr 2019 hat das Umweltbundesamt den Lebensraum "Großes Nordseeästuar" zum Gewässertyp des Jahres ernannt. Zur Webseite
Auf den Webseiten des Bundesamtes für Naturschutz findet sich ein Landschaftssteckbrief des Elbeästuars. Zur Webseite