Beweidung von Salzmarschen erhöht Empfindlichkeit gegenüber Meeresspiegelanstieg
1. Februar 2021, von Website Team Biologie

Foto: UHH/Bio
Ein Team aus dem Institut für Pflanzenwissenschaften und Mikrobiologie rund um Dennis Schulze konnte feststellen, dass die Aufwuchsraten auf unbeweideten Flächen bis zu siebenmal höher waren als auf beweideten Flächen.
Küstensalzmarschen sind mit von krautiger Vegetation bedeckte Ökosysteme, welche periodisch vom Meer überflutet werden und damit eine Übergangszone zwischen Meer und Land bilden. Sie dienen als Habitat für an Salzstress und regelmäßige Überflutungen angepasste Tier- und Pflanzenarten. Weiterhin stellen Salzmarschen für den Menschen wichtige sogenannte Ökosystemdienstleistungen wie Klimaregulierung (z.B. durch Kohlenstoffspeicherung) oder Küstenschutz (z. B. Wellendämpfung) bereit.
Jedoch sind diese Ökosysteme weltweit durch den klimabedingten Meeresspiegelanstieg bedroht. Für die jüngere Vergangenheit wurde in der norddeutschen Wattenmeerregion ein Meeresspiegelanstieg von circa 4 mm pro Jahr ermittelt. Um diesem Anstieg entgegenzuwirken, müssen Salzmarschen ausreichend in die Höhe mitwachsen, indem sie genügend Sedimente aus dem Flutwasser akkumulieren, welche sich nach jeder Überflutung Schicht für Schicht ablagern. Folglich ist es für Prognosen und für das Management dieser Ökosysteme von entscheidender Bedeutung zu verstehen, welche Faktoren und welche menschlichen Einflussnahmen die Sedimentakkumulation und das Höhenwachstum beeinflussen. Auf der anthropogen geprägten (flache Sommerdeiche, Beweidung) Marschinsel Hallig Langeneß im Wattenmeer, haben wir die vertikalen Wachstumsraten auf beweideten und unbeweideten Marschflächen untersucht und verglichen.
Nach fünf Überflutungen während der Sturmflutsaison konnten wir feststellen, dass die Aufwuchsraten auf unbeweideten Flächen bis zu siebenmal höher waren als auf beweideten Flächen. Beweidung von Salzmarschen kann also die Empfindlichkeit dieser Ökosysteme gegenüber dem Meeresspiegelanstieg erhöhen. Diese Erkenntnisse können in das Management dieser Inselmarschen und vergleichbaren Salzmarschen im Wattenmeer oder anderenorts einbezogen werden.
Originalpublikation:
Schulze D, Jensen K, Nolte S. 2021 Livestock grazing reduces sediment deposition and accretion rates on a highly anthropogenically altered marsh island in the Wadden Sea. Estuarine, Coastal and Shelf Science. https://doi.org/10.1016/j.ecss.2021.107191