Simulation der ElbeerwärmungMesokosmen-Experiment mit 10.000 Liter Flusswasser
17. September 2024, von GRK2530
Forschende des Graduiertenkollegs 2530 haben ein komplexes Mesokosmen-Experiment entwickelt, um reale Umweltfaktoren und prognostizierte Klimaerwärmungsszenarien im Elbeästuar unter Berücksichtigung steigender Wassertemperaturen zu simulieren.
Sieben Uhr morgens in Bunthaus im Süden von Hamburg – 10.000 Liter Elbewasser fließen mit Hilfe einer Pumpe über einen langen Feuerwehrschlauch in zehn 1.000-Liter-Tanks. Die Doktorandinnen und Doktoranden Julia Golebiowska, Max Lambrecht, Sahed Ahmed Palash, Diana Nicole Puerto Rueda und weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GRK 2530 haben über mehrere Monate darüber nachgedacht, ausprobiert und geplant, wie sie diese Wassermengen für ihre Forschungszwecke am besten entnehmen und transportieren können. Etwa drei Stunden später erreicht der mit den schweren Tanks beladene LKW das Experimentierlabor des Instituts für Marine Ökosystem- und Fischereiwissenschaften (IMF) in der Großen Elbstraße. Dort wird das Wasser über Stunden hinweg vorsichtig durch hydrostatischen Druck – also den Druck, der durch das Gewicht des Wassers entsteht – aus den Zentraltanks gleichmäßig auf insgesamt neun so genannte Mesokosmen verteilt. Die Mesokosmen sind auf drei Klimakammern aufgeteilt, in denen die Wassertemperaturen jeweils 21, 23 und 25 Grad Celsius betragen. Diese Temperaturen sollen über mehrere Wochen konstant gehalten werden. Unterstützt und eng begleitet wird das gesamte Vorgehen von Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie Technikerinnen und Techniker des IMF.
Mit diesem Mesokosmen-Experiment sollen real vorkommende Umweltfaktoren nachgebildet und prognostizierte Klimaerwärmungsszenarien simuliert werden. „Schon jetzt zeigen Messungen, dass die Elbe in den Sommermonaten manchmal über wenige Tage hinweg Wassertemperaturen von 25 Grad erreicht“, berichtet Doktorand Max Lambrecht. Noch wenig erforscht ist, wie sich unterschiedliche Temperaturen auf den Kohlenstoffkreislauf im Ästuar auswirken. Ästuare wie das Elbästuar sind dynamische Ökosysteme, in denen Süß- und Salzwasser aufeinandertreffen und günstige Bedingungen für das Wachstum und die Vielfalt von Planktonarten schaffen. Diese spielen eine wesentliche Rolle bei der Produktion von Sauerstoff (O2) sowie der Aufnahme und Abgabe von Kohlendioxid (CO2) und werden im Rahmen des Forschungsexperiments genauer untersucht.
Planktonarten verhalten sich unterschiedlich: Pflanzliche Phytoplanktonarten nehmen mithilfe von Licht CO2 aus dem Wasser auf und geben O2 ab, während tierisches Zooplankton, wie zum Beispiel kleine Krebse oder einzellige Protozoen, durch die Zellatmung CO2 freisetzt. Auch das aus winzigen Bakterien bestehende Bakterioplankton gibt durch die Zersetzung von abgestorbenem organischem Material CO2 ab. Für die Forschenden ist es daher interessant herauszufinden, unter welchen Temperaturbedingungen welche Planktonarten besonders gut überleben und dominieren.
Dies ist jedoch nur eine der vielen Forschungsfragen, die im Rahmen des Experiments untersucht werden. Die Mesokosmen werden unter anderem auch genutzt, um zu analysieren, warum es in der Elbe zeitweise zu einem Sauerstoffmangel kommt und welchen Einfluss Viren auf das Leben und den Nährstoffkreislauf im Ästuar haben.