Gärtnerinnenglück auf kleiner Fläche
Janine Peikert, 01.08.2022
Der Pflanzenkatalog meiner Oma war eines meiner ersten Bilderbücher. Aufgewachsen bin ich mit dem Nutzgarten unserer Nachbarin, hier verdiente ich auch mein erstes Geld (2 Mark!) bei der Kartoffelernte. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen habe ich Biologie studiert. Wer nun denkt, es zieht sich ein roter bzw. grüner Faden durch mein Leben, der liegt ganz richtig. Es dauerte jedoch 20 (!) Jahre, bis ich die Gelegenheit hatte, auf eigener Fläche zu gärtnern. Wer nun aber denkt „die ist doch mittelschwer vorbelastet, das sollte ja wohl kein Problem werden“, der liegt falsch. Warum?
Als Kind wurde mir gezeigt, was Tulpe und was Beikraut ist, wann Möhren und Radieschen geerntet werden können und wie Tomaten behandelt werden wollen, damit sie eine reiche Ernte abwerfen. Das nenne ich ein gutes Fundament. Ich verfüge aber weder über das Fachwissen noch die praktischen Kompetenzen einer Gärtnerin. Und trotzdem wünsche ich mir eine Pflanzenoase auf der Terrasse. Letztere war alles, was ich am Anfang hatte. Ebenfalls ein gutes Fundament, aber welche Pflanzen sind geeignet, welche Erde, welche Pflanzgefäße…?
Die ersten Antworten finde ich in einem Buch mit dem vielversprechenden Titel „Dein fantastischer Balkongarten“. Ich lerne die unterschiedlichen Standorte meiner Terrasse zu identifizieren, stöbere auf dem Dachboden im Gerümpel auf der Suche nach etwas, dass mir als Pflanzgefäß dienen kann. Dem Jahresplan entnehme ich, wann was zu tun ist. Für die vielseitigen Bedürfnisse der Leserschaft bieten die Autor:innen verschiedene Pflanzengemeinschaften an: zum Beispiel den „Sundowner-“, „Ab in die Gemüsekiste-“ oder „Willkommen im Dschungel-Balkon“.
So weit so gut! Doch nach wenigen Wochen entdecke ich sie: kleine grüne Insekten, Kriechgänge in oder weißen Flaum auf den Blättern. Mein fantastischer Balkongarten? Der Weg scheint weit, sehr weit! Während ich leise vor mich hin grolle, fällt mir ein Interview mit Fiona Kiss und Andreas Steinert ein, in dem beide zum Durchatmen raten. Gar nicht so leicht, da ich ein leises, zufriedenes Schmatzen vernehme. Ich versuche es: einatmen, ausatmen! Der zweite Tipp lautet: zuerst informieren, dann reagieren. Da ich davon ausgehe, dass mich noch weitere ungebetene Gäste „heimsuchen“ werden, reagiere ich mit dem Kauf des Buches der beiden: „Wer knabbert da an meinem Gemüse?“.
Anhand farbiger Fotos und übersichtlichen Tabellen kann ich direkt am Kübel bestimmen, wer hier sein Unwesen treibt. Nachdem ich den Übeltäter identifiziert habe, ergreife ich die simplen und schadstofffreien Gegenmaßnahmen. Hilfreich sind auch die Porträts der natürlichen Feinde der sogenannten „Schädlinge“, in denen ich erfahre welche „Behausungen“ und Nahrungspflanzen sie bevorzugen. Abgerundet werden die Inhalte durch präventive Tipps, die bereits bei der Planung der Beete bzw. der Pflanzengemeinschaften greifen. Dabei handelt es sich um Mischkulturen, in denen Pflanzen sich gegenseitig „beschützen“.
Ich folge den Ratschlägen und genieße schon bald meine kleine Oase. Viel zu schnell nähert sich die Saison ihrem Ende, doch ich habe Gefallen am Gärtnern gefunden und möchte auch im Winter nicht auf mein junges „Grünes Glück“ verzichten. Und so recherchiere ich „Das sensationelle Winterhochbeet“, und gärtnere einfach weiter!
Los geht’s mit einer Zusammenstellung der Vorteile, die das winterliche Gärtnern bietet. Es folgen konkrete Schritte für die Gestaltung des Hochbeetes, um erfolgreich ernten zu können. Da ich schon überzeugt bin und ein Hochbeet für (m)eine Dachterrasse nicht in Frage kommt, nutze ich die tabellarischen Übersichten für meine Pflanzen- bzw. Sortenauswahl und nutze die Hinweise zum Pflanzabstand und geeigneten Beet-Nachbarn.
Ein weiterer Schwerpunkt sind die „7 Themenbeete zum Nachbauen“. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Ergänzt werden die Pläne durch Tipps um Stolpersteine zu umgehen und den Ertrag zu steigern. Abgerundet wird das Buch durch ein Kapitel mit Rezepten, die Anregungen liefern, die Ernte aus dem eigenen Beet direkt zu kulinarischen Köstlichkeiten zu verarbeiten.
Sobald die neue Saison vor der Tür steht warte ich ungeduldig darauf, dass ich, den Empfehlungen auf den erworbenen und getauschten Samentütchen folgend, endlich loslegen kann. Eine Bestandsaufnahme ergibt, dass ich mir mehr Kräuter wünsche. Mit Hilfe von Andrea Breithuber („Deine fabelhaften Kräuter“) erfülle ich mir diesen Wunsch.
Im Fokus dieses Buches stehen die Porträts zahlreicher Kräuter. Aber ich beginne besser am Anfang. Von den Vorbereitungen zum Anlegen eines Kräuterparadieses im Garten, auf dem Balkon und/oder in der Wohnung über das Aussäen und Vermehren bis hin zum Ernten und Konservieren der Kräuter, die Informationen sind umfassend, anschaulich und modern dargeboten.
Nach einer knappen Übersicht über die Pflanzenfamilien, zu denen die porträtierten Kräuter gehören, folgen detaillierte Beschreibungen zu Anbau, Verwendung und Vermehrung. Die Autorin kategorisiert die Kräuter entsprechend ihrer Anbaubedingungen, Popularität und Ästhetik. Besonders neugierig machen mich die Kräuter, die ich nicht kenne und so bereichern schon bald Agastache, Colakraut und Ysop meinen Balkon. Mir gefällts, den Insekten auch! So schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe, auch wenn dieses Bild hier fragwürdig erscheinen mag...
Ein Blick auf die vier besprochenen Bücher macht es sofort deutlich: vor mir liegen ansprechend gestaltete Nachschlagewerke. Ich erfreue mich an den knallbunten, modernen und auch lustigen Illustrationen. Und dann sind da ja noch die abwechslungsreichen und umfassenden Inhalte, die einen niedrigschwelligen Einstig in das jeweilige Thema ermöglichen. Ich lese nicht nur gärtnerische Grundlagen, Pflanzenporträts, Literaturempfehlungen, sondern auch Interviews mit Expert:innen, Rezepte und Bezugsquellen.
Ein nicht unwesentlicher Aspekt ist die Tatsache, dass die Bücher des Löwenzahn-Verlages „cradle to cradle“-zertifiziert, klimapositiv produziert und kompostierbar sind. Nicht dass Letzteres eine Option wäre, aber eine Erwähnung ist es doch wert, oder?
Wichtiger Hinweis: dass alle Bücher im Löwenzahn Verlag erschienen sind, ist Zufall. Die Auswahl entspricht ausschließlich meinem persönlichen Geschmack in Bezug auf Inhalt und Design.
Quellen
- Autor:innen-Team (2020). Dein fantastischer Balkongarten
- Kiss, Fiona und Steinert, Andreas (2021). Wer knabbert da an meinem Gemüse?
- Kampas, Doris (2020). Das sensationelle Winterhochbeet
- Breithuber, Andrea (2021). Deine fabelhaften Kräuter