Küstenforschung im Vorland des Kaiser-Wilhelm-Kooges
28. August 2024, von GRK2530

Foto: UHH/GRK2530/Hauten
Nur wenige Meter über dem Meeresspiegel, umgeben von mächtigen Deichen, liegt der Kaiser-Wilhelm-Koog in Dithmarschen, Schleswig-Holstein. Das Küstengebiet an der Nordsee nahe der Elbmündung ist bekannt für seine Marschlandschaften, die durch Ablagerungen von Meer- und Flusswasser entstanden sind, im Laufe der letzten Jahrhunderte großflächig eingedeicht wurden und heute überwiegend landwirtschaftlich genutzt werden. Forschende des Graduiertenkollegs 2530 untersuchen die Dynamik dieses Ökosystems im Bereich vor den Deichen, dem so genannten Vorland.
Im Vorland des Kaiser-Wilhelm-Kooges entwickeln sich bis heute noch Salzmarschen mit ihren netzartigen Entwässerungsprielen, die durch Überflutungen infolge der Gezeiten geprägt sind. Sie bilden ein vielfältiges Ökosystem, das Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bietet. Forschende des Graduiertenkollegs 2530 haben hier vier Forschungsstationen eingerichtet, an denen Sensoren kontinuierlich Umweltparameter wie Bodenfeuchtigkeit, Bodentemperatur, Salzgehalt und das so genannte Redoxpotential messen. Ein hohes Redoxpotential bedeutet, dass in der Umgebung vermehrt oxidative Prozesse stattfinden, wie zum Beispiel beim Abbau von organischem Material mit der daraus folgenden Freisetzung von Kohlendioxid. Ein niedriges Redoxpotential zeigt dagegen an, dass in der Umgebung vermehrt Reduktionsprozesse ablaufen, wie beim Abbau von organischem Material unter Sauerstoffmangel, also beim anaeroben Abbau, was zur Bildung von Methan führen kann.
Die Stationen sind gezielt in verschiedenen Vegetationszonen platziert, um Daten zu sammeln, die für die Analyse der jeweiligen Umweltbedingungen und deren Auswirkungen auf das Ökosystem von Bedeutung sind. Die Stationen nahe am Wasser werden zweimal täglich von den Gezeiten überflutet, während jene in der oberen Marsch nur bei Sturmfluten überflutet werden und teilweise durch Schafbeweidung landwirtschaftlich geprägt sind.
Auch die Doktorandinnen Elena Hauten, Fay Lexmond und Sina Remmers forschen in diesem Gebiet. Dabei gehen sie der Frage nach, woher der Kohlenstoff in diesem Ökosystem stammt und auf welche Weise sich dieser in den Salzmarschen des Vorlandes verteilt. Kohlenstoff wird in Form von CO2 aus der Luft von Landpflanzen oder Algen aufgenommen, in Biomasse umgewandelt und an die Nahrungskette weitergegeben. Lebewesen wie Laufkäfer nehmen über ihre Nahrung Kohlenstoff auf, der teilweise durch Algen im Wattenmeer aus dem Wasser gebunden wurde, und sie transportieren und verteilen diesen weiter an Land, wobei unter anderem wieder CO2 freigesetzt wird. Sina Remmers untersucht, in welchem Ausmaß auf diese Weise Kohlenstoff verteilt wird und berücksichtigt dabei auch, an welche Umgebungen sich die Tiere besonders gut anpassen können und welche Nahrung sie bevorzugen.
Elena Hauten beschäftigt sich mit der Verteilung von Kohlenstoff im Küstengewässer und in den Prielen durch Fischarten wie Stint, Flunder oder Kaulbarsch. Mit einer Methode namens „Stabile Isotopen Analyse“ kann sie feststellen, woher der von den Fischen aufgenommene Kohlenstoff stammt und in welchen Lebensräumen sich die Tiere bevorzugt aufhalten. Um zu verstehen, wie die Fische über das Jahr hinweg den Kohlenstoffkreislauf beeinflussen, hat sie Fische zu verschiedenen Jahreszeiten gefangen und untersucht.
Während sich die Forschungen von Elena Hauten und Sina Remmers vorwiegend auf den lateralen, also horizontalen Transport und die Verteilung von Kohlenstoff konzentrieren, untersucht Fay Lexmond die Austauschflüsse bestimmter Treibhausgase zwischen Boden, Vegetation und Atmosphäre an verschiedenen Standorten in den Salzmarschen des Kaiser-Wilhelm-Kooges. Dafür verwendet sie eine mit Sensoren ausgestattete transparente Plastikhaube, mit der sie in Echtzeit die Austauschflüsse von Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) oder Lachgas (N2O) in der Luft messen kann. Diese Gase werden hauptsächlich von Mikroorganismen produziert, die organisches Material wie Pflanzenreste zersetzen. Dabei werden die Treibhausgasflüsse von bestimmten Umweltbedingungen wie der Häufigkeit von Überschwemmungen oder der Vegetationsentwicklung beeinflusst.
Weitere Informationen
Auf einer Gemeindevertretersitzung im Kaiser-Wilhelm-Koog haben die drei Doktorandinnen am 10.07.2024 ihre Forschungsprojekte vorgestellt. Mit dabei war auch Magnus Ehlers, Volontär bei Boyens Medien. Weitere Informationen zu den Präsentationen sind in seinem Artikel nachzulesen.