Wölfe auf dem Martin-Luther-King-PlatzWachsende Bienenwolfpopulation am Institut für Zoologie des Fachbereichs Biologie
28. Juli 2021, von Dr. Oliver Hallas

Foto: UHH/Hallas
Die Spuren im Sand vor dem Institut für Zoologie sind eindeutig: hier lauern Wölfe, genauer gesagt Bienenwölfe. Durch den anhaltenden Trend des Stadtimkerns oder „urban bee keeping“ und der damit einhergehenden größeren Bienenpopulation im Stadtgebiet, ist der Bienenwolfsbestand wieder am Wachsen. An geeigneten Stellen kommt es daher zu auffälligen Nestaggregationen.
Seit Mitte Juli kann man diese mittelgroßen Grabwespen zwischen den Gehwegplatten bei der Anlage ihrer Nester beobachten. Was zunächst wie ein Ameisenbau aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Nisteingang eines Bienenwolfes (Philanthus triangulum). Man kann sehen, wie die Tiere mit ihren Mundwerkzeugen und den Vorderbeinen in den Fugen einen Gang graben und den Aushub mit dem Hinterleib nach außen schieben. Auf diese Weise entsteht neben dem verräterischen Sandhaufen zwischen den Gehwegplatten ein 20 bis 100 cm langer Gang. Wenn es etwas kühler ist oder die Wespen vom Graben pausieren, sitzen sie oft am Eingang der Niströhre. Jetzt lässt sich die charakteristische helle Gesichtsmaske, die nach oben in einem kleinen Krönchen endet, gut erkennen. Diese Zeichnung macht den Bienenwolf unverwechselbar.
Bienenwölfe sind klassische „Kulturfolger“. Sie folgen ihrer Beute, den Honigbienen, in die Städte und errichten an wärmebegünstigten Standorten ihre Nester. So existierte schon vor über 25 Jahren, als es am Standort des Instituts der Zell- und Systembiologie der Tiere noch einen Lehrbienenstock gab, eine große Bienenwolfpopulation am Martin-Luther-King-Platz.
Jagd auf die Honigbiene
Wenn die Nistanlage fertiggestellt ist, gehen vom Gang mehrere Brutzellen ab, die nun verproviantiert werden. Dazu fliegt das Weibchen Pflanzen auf der Suche nach Honigbienen ab. Diese werden beim Blütenbesuch aus der Luft mit den Beinen gepackt und durch einen Stich des Giftstachels gelähmt. Innerhalb weniger Sekunden ist die Honigbiene bewegungslos und die Grabwespe fliegt dann Bauch an Bauch mit ihrer Beute zum Nest. Ist eine Brutkammer mit zwei bis sechs Honigbienen gefüllt, legt die Grabwespe ihr Ei dazu. In Nestern mit über 30 Brutzellen wurden schon mehr als 100 Honigbienen gefunden. Diese immense Menge an Beutetieren führte zu dem bildhaften Trivialnamen „Bienenwolf“. Drei bis vier Tage nach der Eiablage schlüpft die Wespenlarve und ernährt sich von den gelähmten, jedoch noch lebenden Honigbienen. Die Verpuppung erfolgt dann im nächsten Jahr, worauf eine neue Generation von Bienenwölfen schlüpft.
Vom Jäger zum Gejagten
Doch auch die Grabwespenlarve hat einen Fressfeind: die Bienenwolf-Sandgoldwespe (Hedychrum rutilans). Die grün-rot metallisch glänzende Wespe dringt in die schon verproviantierten Nester der Bienenwölfe ein, um ihrerseits ein Ei abzulegen. Die Goldwespenlarve entwickelt sich jedoch schneller, frisst zuerst die Bienenwolflarve und dann die Honigbienen.
Wer hat Angst vorm bösen Wolf?
Man braucht übrigens keine Angst davor zu haben, von einer Grabwespe gestochen zu werden. Bienenwölfe leben solitär und verteidigen anders als staatenbildende Wespen und Honigbienen ihre Nester nicht!