Forschung
Wir untersuchen schnelle Anpassungsprozesse beim Wasserfloh Daphnia. Hierbei betrachten wir verschiedenen organisatorischen Ebenen vom Genom über molekulare Mechanismen bis hin zum Phänotyp und vom einzelnen Tier bis hin zu Populationen und Ökosystemen. Unser besonderer Schwerpunkt liegt in der zeitlichen Verfolgung von Evolution, sowohl in natürlichen Populationen als auch im Labor mit Hilfe von experimenteller Evolution.
Unsere aktuellen Projekte befassen sich mit spezifischen Fragen innerhalb der folgenden Forschungsthemen:
Anpassung an toxische Cyanobakterien im Artenkomplex Daphnia longispina
Toxische Cyanobakterien, insbesondere wenn sie in großen Mengen während der sogenannten „Algenblüte" auftreten, stellen eine Bedrohung für aquatische Ökosysteme und die menschliche Gesundheit dar. Es ist bekannt, dass sich Daphnien schnell an giftige Cyanobakterien anpassen können. Dies hat sogar praktische Anwendungen, da diese toleranten Daphnienlinien sogar ein Mittel zur Eindämmung von Cyanobakterien-Massenentwicklungen sein können.
Wir untersuchen die genomischen und molekularen Grundlagen der Cyanobakterien-Toleranz in Daphnien. Hierfür analysieren wir sowohl genomische Zeitreihen und als auch die lokalen Anpassungen in Organismen aus Lebensräumen mit unterschiedlicher Cyanobakterienbelastung.
Welche Faktoren sind entscheidend dafür, dass sich eine Population schnell an Umweltveränderungen anpassen kann?
Wir untersuchen die genomische Grundlage für schnelle Anpassungsprozesse in natürlichen Populationen im Zusammenhang mit Umweltveränderungen. Dazu stützen wir uns auf Zeitreihendaten, die entweder durch regelmäßige Probenahmen aus zeitgenössischen Daphnia Populationen oder durch die Analyse von Dauereiern aus Sedimentkernen erstellt wurden. Dabei ist auch die räumliche Analyse von Seen wichtig, da sie als Quelle für Replikationen in natürlichen Systemen dienen können. Wir interessieren uns auch für die Rolle der fluktuierenden Selektion in natürlichen Lebensräumen und ihre Wechselwirkung mit Umweltveränderungen. Dieser Ansatz wird durch evolutionäre Modellierung ergänzt, um eine Vorstellung von der Rolle von Faktoren wie z. B. der Anzahl der beteiligten Gene (wenige vs. viele) oder der Form der Veränderung (konstant vs. schwankend) zu erhalten und um Hypothesen zu formulieren, die dann im Labor mit experimenteller Evolution, d. h. unter sehr kontrollierten Bedingungen, getestet werden können.
Können sich Zooplanktongemeinschaften mit schneller Evolution an Salzstress anpassen?
In einem Gemeinschaftsprojekt mit Kollegen aus den Niederlanden untersuchen wir die schnelle Anpassung an die Versalzung, einen weiteren anthropogenen Stressfaktor, in einem großen experimentellen Evolutionsversuch. Dabei analysieren wir die Reaktion von drei verschiedenen Daphnien Arten, sowohl für einzelne Populationen als auch für eine Gemeinschaft, die aus allen drei Arten besteht. Wir wenden Populationsgenomik sowie einen maschinelles Lernen an, um die genomischen und phänotypischen Grundlagen dieser Salztoleranz zu untersuchen.
Wie können wir die Evolution adaptiver Merkmale mit Hilfe von Hochdurchsatz-Phänotypisierung und maschinellem Lernen untersuchen?
Neben der Genomik und Populationsgenomik ist die Untersuchung adaptiver Phänotypen zum Verständnis von Ökologie und Evolution ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Im Gegensatz zu den jüngsten Fortschritten bei der Sequenzierung für die Hochdurchsatz-Generierung genomischer Daten steckt die Hochdurchsatz-Phänotypisierung von Tieren noch in den Kinderschuhen. Um diesen Engpass bei der Phänotypisierung zu überwinden, benutzen wir maschinelles Lernen für die Hochdurchsatzanalyse von Bildern und Videos, um Tiere zu identifizieren, zu verfolgen und zu zählen sowie für eine detaillierte Analyse morphologischer Merkmale.