Evolutionsforschung - Warum Madagaskars Lemuren wenig Früchte fressen
1. November 2017, von Schütte
Foto: K. Dausmann
Warum Lemuren auch bei ihrer Nahrungswahl besonders sind, untersucht eine neue Studie. Die Projektplanung und chemischen Analysen wurden maßgeblich in unserer Arbeitsgruppe Tierökologie und Naturschutz durchgeführt.
Hintergrundinformationen:
Zu wenig Protein in Früchten Madagaskars
Lemuren, die Primaten Madagaskars, sind anders als ihre Affenverwandten im Rest der Welt. Lemuren haben spezielle Anpassungen, wie zum Beispiel Winterschlaf, unregelmäßige Aktivität über den 24 Stunden-Tag hinweg, die Suche nach Holz-bewohnenden Insektenlarven in der Manier von Spechten, Dominanz der Weibchen über Männchen, oder auch einen äußerst geringen Anteil an Arten, die Früchte als Nahrungsgrundlage nutzen. Früchte sind in anderen Teilen der Welt begehrte Futterbestandteile, da sie oft hohe Konzentrationen an verwertbaren Nährstoffen enthalten. Reine Fruchtfresser sind in höheren Breiten allerdings Mangelware, da Früchte nur zu bestimmten Jahreszeiten vorhanden sind und Tiere, die auf reine Fruchtnahrung spezialisiert sind, in unseren Breiten im Winter und Frühjahr verhungern würden. Trotz der auch in den Tropen vorkommenden Jahreszeiten, liefern die meisten Tropenwälder das ganze Jahr über Früchte. Dem entsprechend findet man in den Tropenwäldern Afrikas, Amerikas und Asiens viele Frucht-fressende Tierarten, unter anderem auch die meisten Primaten. In den Wäldern Madagaskars sind dagegen gerade einmal 6 von über 100 Vogelarten Fruchtfresser und auch bei Lemuren ist nur eine Lemurengattung ausschließlich auf Früchte als Grundlage ihrer Ernährung spezialisiert. Gründe für diese Unterschiede zwischen Madagaskar und dem Rest der Welt sind bisher unverstanden.
In einer Arbeit, die jetzt in Nature Scientific Reports erschienen ist, zeigt ein multinationales Team aus 22 Forschungsinstituten und Universitäten um Giuseppe Donati von Oxford Brookes University und Jörg Ganzhorn von der UHH anhand der chemischen Qualität wild wachsender Früchte aus 62 Tropenwäldern, dass der Proteingehalt madagassischer Früchte unter der angenommenen Grenze liegt, ab der Primaten ihren Proteingehalt decken können. Im Gegensatz dazu liefern Früchte aus anderen Tropenwäldern genügend Proteine, um den Bedarf Frucht-fressender Tiere sicher zu stellen. Zusammen mit anderen Umweltfaktoren kann dieser geringe Proteingehalt in einer wichtigen Futterkategorie zu den Besonderheiten der madagassischen Primaten beitragen.
Der Artikel “Low Levels of Fruit Nitrogen as Drivers for the Evolution of Madagascar’s Primate Communities” ist auf der website von Scientific Reports frei erhältlich.